Agile Kultur – welche haben wir eigentlich und welche bräuchten wir?

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Die Unternehmenskultur ist wie der Schatten beim Flutlichtspiel


Ein trüber Mittwochnachmittag im Herbst 2018. Ich sitze in einer Vorstandssitzung eines großen Finanzunternehmens.
Auf der Agenda: Mein Bericht als externer Agile Coach zur aktuellen Agilität im Unternehmen.
Die Erwartung: Grüne Ampeln und schöne PowerPoint-Folien.
Die Realität: Ich spreche über agiles Theater. Über Mitarbeitende, die sich bemühen, agil zu handeln – aber an Grenzen stoßen, weil Strukturen, Prozesse und Entscheidungslogiken nicht passen.



Dann fällt dieser Satz, der mir bis heute im Gedächtnis geblieben ist:

„Wir haben nicht die Unternehmenskultur für Agilität. Wir müssen jetzt zwei Jahre lang die Kultur ändern – dann klappt es auch mit diesem agilen Arbeiten.“

Er stammt vom IT-Vorstand. Meine Nachfrage, wie diese Kulturveränderung konkret aussehen solle, beantwortete er trocken:

„Wir haben doch eine Arbeitsgruppe zur Unternehmenskultur – die kümmert sich darum.“

Dann war die Sitzung vorbei. Doch in meinem Kopf begann es zu arbeiten.


Dieser Moment war für mich ein Wendepunkt.

Bis dahin hatte ich Agilität oft als eine Frage von Methoden, Prozessen und Rollen gesehen – also als etwas, das sich gestalten und implementieren lässt. Doch mir wurde klar: All das greift ins Leere, wenn die Kultur nicht mitzieht. Seit diesem Tag beschäftigt mich eine zentrale Frage:

"Was braucht es, damit sich eine Kultur wirklich so verändert, dass agiles Arbeiten nicht nur möglich, sondern wirksam wird?"

Meine Antwort: Es braucht mehr als gute Absicht, bunte Poster und Kicker-Tische. Es braucht eine bewusste Auseinandersetzung mit dem kulturellen Spielfeld – und den Mustern, die dort wirken.


Kultur zeigt sich nicht in Arbeitsgruppen, sondern im Verhalten

Auf der Heimfahrt im Zug kam mir ein Satz in den Sinn, der mich seither begleitet:

„Die Unternehmenskultur verändert sich wie der Schatten beim Flutlichtspiel.“

Ein starker Satz – wenn man ihn richtig versteht.

Denn Kultur ist kein klar umrissener Gegenstand. Sie lässt sich nicht managen wie ein Projekt. Kultur ist wie ein Schatten – sie ist immer da, aber nicht greifbar. Sie folgt dem Spiel auf dem Platz. Sie zeigt sich im Verhalten, in Entscheidungen, in Reaktionen auf Fehler, in Meetings, in Alltagsroutinen.

Der Spielfluss bestimmt die Richtung des Schattens.


Spielsysteme machen Kulturmuster sichtbar

Kultur lässt sich nicht direkt verändern – aber man kann sie sichtbar machen. Und genau hier setzen meine 7 Spielsysteme an. Sie beruhen auf Spiral Dynamics, einem Modell, das Werte- und Denkmuster in Organisationen beschreibt – evolutionär, entwicklungsorientiert und praxisnah. Kein Spielsystem existiert in Reinform, aber es zeigen sich Muster, die deutlich machen, welche Denkweisen im Unternehmen dominieren – bewusst oder unbewusst.

Jedes Spielsystem steht für ein typisches kulturelles Muster:


Diese Spielsysteme helfen Teams und Organisationen, sich selbst besser zu verstehen:
Wie ticken wir eigentlich?

Und vielleicht noch wichtiger:

Wie müssten wir ticken, um in einem komplexen Umfeld wirklich agil zu sein?


Jedes Spielsystem steht für ein typisches kulturelles Muster – von stabilitätsorientierter Tradition bis zu systemischer Weitsicht. Die folgende Abbildung zeigt die sieben Spielsysteme als Entwicklungspfad in aufsteigender Reife:

Ohne Flutlicht keine Reflexion – ohne Reflexion kein Wandel

Die Spielsysteme sind kein starres Raster. Sie sind ein Flutlicht. Sie machen Muster sichtbar – und regen zum Nachdenken an. Kein Muster existiert in Reinform,

Denn Kulturwandel beginnt mit einem ehrlichen Blick auf das, was ist. Und einem gemeinsamen Gespräch darüber, was sein sollte.

Die Frage lautet nicht: „Wie schaffen wir eine agile Kultur?“
Sondern:
„Wie verändern wir uns so, dass daraus eine Kultur entsteht, in der sich agiles Arbeiten entfalten kann?“

Genau hier setzt mein Modell der vier systematischen Perspektiven an.
Statt uns in diffusen Kulturdebatten zu verlieren, können wir zielgerichtet trainieren – und zwar entlang dieser vier Spielfelder:

  • Tugenden – unsere innere Haltung, Werte und Prinzipien
  • Teamgeist – das soziale Miteinander, der Umgang mit Fehlern und Entscheidungsfindung
  • Taktik – Strukturen, Prozesse und Zusammenarbeit im System
  • Talente – individuelle Kompetenzen, Rollenverständnis und persönliche Entwicklung

Durch diese vier Perspektiven wird aus Kulturarbeit ein Trainingsprogramm: reflektieren, ausprobieren, nachjustieren – und genau dort ansetzen, wo der größte Hebel liegt.


Fazit: Kultur folgt dem Spiel – nicht umgekehrt

Agilität ist kein Zielbild, sondern ein Spielfluss.
Und Unternehmenskultur ist der Schatten, der diesem Spielfluss folgt. Wenn wir unsere Kultur verändern wollen, müssen wir das Spiel verändern – unser Verhalten, unsere Taktik, unsere Zusammenarbeit.

Mit den 7 Spielsystemen wird sichtbar, wie wir gerade ticken – und was wir verändern können, um beweglicher, agiler und zukunftsfähiger zu werden.

"Denn am Ende liegt die Wahrheit – wie immer – auf dem Platz."

Was das mit meiner Spielphilosophie zu tun hat


In meiner Arbeit – ob als Agile Coach, Sparringspartner oder Speaker – erlebe ich immer wieder: Kultur zeigt sich nicht in Leitbildern, sondern im Verhalten auf dem Platz. Und genau dort muss der Wandel ansetzen.

Die 7 Spielsysteme helfen dabei, kulturelle Muster sichtbar zu machen – ohne zu bewerten, aber mit der Möglichkeit zur gemeinsamen Reflexion:
Wie ticken wir eigentlich? Und: Wie wollen wir als Team in Zukunft zusammenspielen?


Meine Spielphilosophie basiert auf vier systematischen Perspektiven, die Kultur greifbar und trainierbar machen:

  • Tugenden für Haltung und Werte
  • Teamgeist für Miteinander und Entscheidungsfindung
  • Taktik für Strukturen und Prozesse
  • Talente für individuelle Entwicklung und Kompetenzaufbau
"Wer Kultur verändern will, muss Verhalten verändern.
Und wer Verhalten verändern will, braucht eine eigene Spielphilosophie."

Mit dieser Haltung begleite ich Teams und Organisationen auf dem Weg zu einer agilen Kultur – nicht mit Standardlösungen, sondern mit einem klaren Fokus: sichtbar, spürbar, wirksam.